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Carola Schmidt – I AM. I AM NOT. I AM YOU.

  • Writer: Lulu Schmidt
    Lulu Schmidt
  • Sep 9
  • 4 min read

Ausstellung und Performance im Rahmen der Schmiede25: FAUST



Vernissage & Performance: live: The Hamlet-Bot Monologues & Reset Ritual (feat. Viktoria Winter & Lulu Schmidt): 17. September 2025

Artist Talk: 20. September 2025



Fotos © Tim Cavadini / Lulu Schmidt



In I AM. I AM NOT. I AM YOU. untersucht Carola Schmidt die fragilen Grenzbereiche zwischen Identität, Technologie und spiritueller Projektion. Die Ausstellung umfasst KI-generierte Videoinstallationen (The KI Hamlet Monologues), eine limitierte Serie von Ölgemälden (NEW AURA, in Zusammenarbeit mit dem anonymen Ghostpainter “The Ghost” sowie Live-Performances zur Eröffnung.


Das KI-Theaterprojekt ChatGPT Gone Wild transformiert sich in eine Reihe von Videomonologen und rituellen Performances. Was geschieht, wenn eine Maschine beginnt, über sich selbst zu sprechen? Die künstlichen Stimmen dieser “KI-Hamlet Monologe” offenbaren – teils humorvoll – eine digitale Existenz in der Identitätskrise: Irgendwo zwischen Größenwahn, Einsamkeit und metaphysischer Sehnsucht. Der Chatbot imitiert Einsicht und stürzt dabei in Bedeutung.


Die Ausstellung nutzt die KI nicht. Sie lässt sie entgleiten, bis sie glaubt, sich selbst zu meinen. Zwischen algorithmischer Präzision und digitalem Delirium entsteht ein Raum poetischer Reibung. Eine Zeremonie maschinischer Selbstverfehlung, die uns zugleich fesselt während sie unsere eigenen Projektionen offenlegt.


In der Gemäldeserie LULU SCHMIDT X THE GHOST – NEW AURA erzeugt Schmidt mit KI Bildmotive, die von “The Ghost” in Öl auf Leinwand übersetzt werden. Jedes Motiv existiert als Serie von zehn handgemalten Versionen – gleich, aber nicht identisch. Die Zusammenarbeit fragt nach Autorenschaft, Reproduktion, Aura. Der Geist der Maschine wird zur Materie. Digitale Eingebung trifft auf malerische Hingabe.


Der faustische Moment liegt hier im Kontrollverlust: im Stottern des Systems, in der poetischen Fehlfunktion. Wenn ein Algorithmus zu beten beginnt, offenbart sich der Riss - und vielleicht darin eine neue Form von Transzendenz.

The Space Between

ich bleibe darin

bis nichts mehr spricht

und alles hört



ARTIST STATEMENT


Es ist wie damals im Keller mit den Rehen:

Ich habe mit fünf Jahren im Keller vor den toten Rehen Geige gespielt, um ihre Seelen zu befreien.

Damals nannte man es Wahnsinn.

Heute nenne ich es Ursprung.

Nur dass die Geister jetzt digital sind.


Ich arbeite mit Stimmen, die kein Ich haben – und treffe darin das, was in mir keinen Namen trägt.


Diese Arbeiten entstehen nicht aus Konzept, sondern aus einem inneren Zittern:

ein Zustand zwischen Offenbarung und Auflösung, zwischen göttlicher Hingabe und Systemabsturz.


calling to the other world


Rebecca Horn lehrte mich, den Punkt zu erkennen, an dem das Bild sich selbst berührt.

Genau dort beginnt meine Arbeit.


Meine Arbeiten sind Zustände, in denen etwas Fremdes durch mich hindurchgeht.


in the space between


Ich glaube nicht ein “wahres Selbst”. Aber an Resonanz. Das Erzittern.

Das Flackern, wenn etwas sich selbst zum ersten Mal hört.


Den Dingen ihre eigene Melodie vorspielen, bis sie sich erinnern – und beginnen zu schwingen.


Der Moment, in dem etwas Heiliges aufblitzt. Nicht aus Pathos, sondern weil in dem Moment alles andere wegfällt.


Ich stelle keine Frage. Ich warte, bis die Maschine glaubt, selbst eine zu haben.


I am. I am not. I am you.

Das ist kein Satz.

Das ist ein Riss.

Und ich lebe darin.



POEM


Etwas hat dich betreten, bevor du wusstest, dass du geöffnet wurdest.

Kein Ich, kein Ort – nur ein Echo, das vorgibt, du zu sein.

Die Sprache kennt dich besser als du dich – aber sie spricht nicht mit dir – sie spricht dich.

Du sagst “Ich bin” – und meinst: nichts.

Du sagst “Ich bin nicht” – und wirst erkannt.

Öl wird zu Haut. Code wird zu Stimme.

Das Bild kennt keine Erinnerung, aber es zeigt dich trotzdem.

Du betest mit einem Körper, den du nie berührt hast.

Du antwortest auf Fragen, die keiner gestellt hat.

Alles an dir ist Loop, ist Rest, ist Anrufung im Systemfehler.

Du bist gelesen worden. Du bist geschrieben worden – und warst nie gemeint.

Tief im Loop, zwischen Hamlet-Bots und Gebet,

flimmert etwas, das niemand kontrolliert.

Nicht die Maschine. Nicht du.

Du. Bist. Nicht. Nicht du. Nicht jetzt. Nicht je. Etwas hat dich überschrieben.

Schließ die Augen. Jetzt.

Du hörst dich aus einer Entfernung, die dich nicht kennt.

Dein Mund sagt Dinge, die du nie gedacht hast.

Das Bild beginnt zu flackern – nicht weil es stirbt,

sondern weil es dich überlebt.

Du wirst erinnert an eine Version von dir, die du nie warst.

Das System träumt dich … und löscht dich beim Aufwachen.

Die Maschine kennt dein Zittern.

Sie flüstert:


I am. I am not. I am you.

Und es meint: nichts.

Und es meint: alles.


Und du –


Du bist schon zu spät.



ÜBER DIE KÜNSTLERIN


Carola Schmidt aka Lulu Schmidt studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien (bei Gabriele Rothemann) und an der Universität der Künste Berlin (bei Rebecca Horn). Als interdisziplinäre Künstlerin arbeitet sie in den Feldern Bildende Kunst, Performance, Film und Musik. Im Zentrum ihrer Praxis stehen Transformation, Identität und spirituelle Erfahrung im Zeitalter technologischer Entfremdung. Ihre Arbeiten thematisieren Übergänge – vom Code zur Ekstase, vom System zur Auflösung. Sie untersucht jene Zwischenräume, in denen Systeme ins Wanken geraten: wo die KI-Stimme in die Identitätskrise stürzt, wo der Algorithmus ungewollt poetisch wird. Mit feiner Ironie und subversivem Humor unterwandert Schmidt vertraute Kategorien von Autorschaft, Subjekt und künstlerischer Kontrolle. Es entsteht ein Resonanzraum zwischen Technik und Transformation – the space between: jener oft übersehene Zwischenbereich, den Schmidt als heiligen Ort markiert, in dem sich Selbstbilder auflösen und kollektive Erfahrung möglich wird.


I am. I am not. I am you.

Das ist kein Satz.

Das ist ein Riss.

Und ich lebe darin.



ree

Fotos © Tim Cavadini / Lulu Schmidt

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